Freitag, 1. November 2013

Liebe Freunde, Leser, Follower, ....

überglücklich, dass meine erste Gastrezension zu "Krieg der Bastarde" von Ana Paula Maia bei We read indie http://readindie.wordpress.com/ gepostet wurde, habe ich dabei auch entdeckt, dass man bei wordpress.com noch viel mehr Möglichkeiten für einen kreativen Blog hat.

Masuko liebt Bücher hat mir bisher unglaublich viel Spaß gemacht. Doch jetzt ist masuko13 entstanden.

Momentan ziehe ich einige meiner (und eurer) Lieblingsrezensionen auf meinen neuen Blog (sie sind unter der Kategorie Rezensionen Sommer 2013 abgelegt) und habe dort auch schon den ersten neuen Text gepostet. Der zweite ist in Vorbereitung. Freue mich, wenn Ihr mir treu bleibt und masuko13 folgt:

http://masuko13.wordpress.com/


Sonntag, 20. Oktober 2013

Endlich im Januar 2014 - der neue Roman von Haruki Murakami. Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Der Countdown läuft...... und nach dem 10. Januar 2014 werden wir alle sehr viel mehr wissen. Wer ist Herr Tazaki? Warum wird er farblos genannt? Und welche Rolle spielt das Musikstück "Pilgerjahre" von Franz Liszt in dieser wieder so geheimnisvoll anmutenden Story.

Im Klappentext ist zu lesen, dass es ein großer Roman über Freundschaft und Liebe, Schmerz und Schuld ist. Als Tsukuru Tazaki das Mädchen Sara kennenlernt, das in einem Reisebüro arbeitet, öffnet er sich das erste Mal in seinem Leben. Tsukuru Tazaki - eigentlich ein Mann ohne Leidenschaft und ohne besondere Eigenschaften - muss tief in seine Vergangenheit zurückgehen. Er begibt sich auf die Suche nach einer seelischen Verletzung, deren Wunde nie verheilt ist. Wobei vier Farben eine entscheidende Rolle spielen. Schon während ich das schreibe, habe ich das Gefühl, den farblosen Tsukuru Tazaki zu kennen.


Für mich ist der 10. Januar ein magisches Datum und weitaus wichtiger als Weihnachten, Sylvester oder irgendwas. Es ist schön, dass der sehnsüchtig erwartete Roman zeitgleich zum 65. Geburtstag von Murakami am 12. Januar erscheint. So macht er den Lesern an seinem Geburtstag ein Geschenk. Gleichzeitig kann er davon ausgehen, dass Hunderte von Fans in diesen Tagen seinen Roman verschlingen werden - das sicher schönste Geschenk für einen Autor. Die meisten seiner Fans, die "Harukinisten" leben - klar - in Japan und gleich in der ersten Woche wurden dort eine Million Exemplare verkauft! Seine Leser sollen schon um Mitternacht Schlange gestanden haben (manche Buchläden in Tokio haben tatsächlich auch nachts noch geöffnet).

Zu meiner großen Freude erscheint das Buch wie gewohnt bei Dumont (allein das Cover ist ein Kunstwerk) und übersetzt hat es auch diesmal Ursula Gräfe, die deutsche Stimme von Haruki Murakami.




Freitag, 18. Oktober 2013

Alice Munro: Tricks. Acht Erzählungen. Aus dem Englischen von Heidi Zerning (Im Original "Runaway", erschienen 2004)

Alice Munro hat den Nobelpreis für Literatur gewonnen!!
Und heute, acht Tage und acht Erzählungen später, gehöre ich zu ihren Fans und weiß ganz sicher, dass dies nicht mein einziges Buch von ihr bleiben wird.
Schon jetzt freue ich mich auf ihren am 4. Dezember erscheinenden neuen Erzählband "Liebes Leben".

Doch erstmal "Tricks" - wo ich das große Glück hatte, mir noch am Tag der Verleihung eine der wunderschönen Ausgaben aus der Kleinen Reihe vom Fischer Verlag kaufen zu können. So konnte ich noch am selben Abend loslesen.

Vorfreude - wie Weihnachten!
Zuerst habe ich die Story "Tricks" gelesen, deren Titel auch das Buch trägt.
Statford - eine Kleinstadt in Kanada. Hierher fährt die 30-jährige Joanne einmal im Jahr, um sich ein Stück von Shakespeare anzuschauen. Und sie fährt ganz allein - für sie ein Hochgenuß. Nicht reden und keine Rücksicht nehmen müssen.
Diesmal jedoch gerät ihr routinierter Ausflug völlig aus dem Gleichgewicht. Erst verliert sie ihre Handtasche und dann lernt sie zufällig einen jungen Mann kennen, mit dem sie den weiteren Abend verbringen und der in ihr eine große Sehnsucht auslösen wird. Beide trennen sich mit dem Versprechen, sich im nächsten Jahr zur gleichen Zeit und am selben Ort wieder zutreffen. Sein Wunsch an sie ist, dass sie auch dasselbe Kleid tragen möge -

Alice Munro führt uns mit ihren melancholischen und sehr intensiv erzählten Geschichten in kleine Ortschaften Kanadas. In Landschaften, die geprägt sind von Ahornbäumen, fedrigen Zedern und Balsambäumen.
Viele ihrer Figuren sind Frauen, deren Erfahrungen mit Männern bestimmt sind von Demütigung und Enttäuschung. Angenehme Erfahrungen  finden oft nur in ihrer Phantasie statt. Nicht selten hoffen sie auf ein unverdientes Glück oder eine spontane Überraschung. Sie hoffen nie voller Sehnsucht und Intensität, sondern ganz im Stillen. Wider besseres Wissen und gegen jede Vernunft.
Sie alle werden einem so vertraut während des Lesens, dass man am Ende das Gefühl hat, Grace, Lauren, Joanne oder Tessa im wirklichen Leben begegnet zu sein. Sie werden zu guten Freundinnen.
So auch die einzelgängerische Juliet. Wir begegnen ihr  in insgesamt drei Stories, womit Alice Munro mich wirklich überraschte. Und überrascht hat mich als Leserin dicker Romane auch, dass es so beglückend und bereichernd sein kann, Erzählungen zu lesen.



Dienstag, 15. Oktober 2013

Haruki Murakami. Die unheimliche Bibliothek. Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe



Jemandem zu beschreiben, der noch nie Murakami gelesen hat,
warum man jedes Wort dieses einzigartigen Autors in sich aufsaugen möchte,
ist wahrscheinlich kompliziert. Ich gehöre zu den Lesern, die nach gewisser Zeit ohne einen Roman oder eine Erzählung von ihm Entzugserscheinungen bekommen. Dagegen gibt es nur ein Mittel: Lesestoff. Ich gehe an mein Regal ....
Diesmal habe ich "Die unheimliche Bibliothek" gewählt, eine Erzählung aus dem Jahre 2005.

Erzählt wird die Geschichte eines Jungen, der zur Bibliothek läuft, um sich diverse Bücher über die Steuereintreibung im Osmanischen Reich auszuleihen. Ein grummeliger alter Mann gibt ihm zwar zwei zerlesene Exemplare, zwingt ihn aber gleichzeitig, ihm in ein labyrinthartiges Gewölbe unter der Bibliothek zu folgen. Nur hier dürfe er lesen. Ausleihen unmöglich -
"Mir wurde unbehaglich zumute. Um ehrlich zu sein, war ich keineswegs sonderlich erpicht, etwas über die Steuern im Osmanischen Reich zu erfahren. Doch hatte sich mir auf dem Heimweg von der Schule unvermittelt die Frage gestellt: Wie haben die eigentlich damals im Osmanischen Reich die Steuern eingetrieben? Und wenn ich etwas nicht wusste, ging ich immer sofort in die Stadtbücherei, um es herauszufinden. Schon von klein auf." (S. 10)
Im weiteren Verlauf dieser phantastisch anmutenden Story, steht überraschend der Schafsmann vor dem Jungen.
Und ich glaube, das ist genau der Moment, wo man als erfahrener Murakami-Leser im reinen Glück ist. Nur wer "Die wilde Schafsjagd" kennt, weiß wahrscheinlich um das Geheimnis des Schafsmannes - hier begegnet man ihm also wieder in seinem seltsam übergehängten Schafspelz mit den langen Ohren ...
Alles ist so vertraut und doch wieder ganz anders. Murakami eben. Dann taucht ein schönes stummes Mädchen auf. Doch existiert es wirklich? Ist sein Kuss auf die Wange des Jungen real oder geträumt?
Beide, der Schafsmann und das stumme Mädchen, warnen den Jungen vor einer großen Gefahr -


Viel zu schnell bewegt sich die Geschichte dann auf ihr Ende zu. Dank der beeindruckend schönen Illustrationen von Kat Menschick kann man aber beim Lesen inne halten und sich im Anblick der kleinen Kunstwerke verlieren. Und obwohl ich meine Bilder zu Geschichten lieber im Kopf entstehen lasse (Murakami ist ein virtuoser Zauberer ganzer Kopfwelten), genieße ich ihre Impressionen zu Murakamis Gedankenkosmos: schwarz glitzernde Diamanten, melancholisch, phantasievoll, mystisch..

Dienstag, 8. Oktober 2013

Ian McEwan. Honig. Aus dem Englischen von Werner Schmitz

Sommer 1972. Serena ist 21 Jahre alt und hat auf Wunsch ihrer Eltern nicht Englische Literatur sondern Mathematik studiert. Sie langweilt sich. Blickt sie jedoch zurück in diesen Sommer, so erscheint er ihr "als goldenes Zeitalter, als kostbares Idyll." Denn es ist die Zeit, bevor sie beim britischen Geheimdienst MI5 zu arbeiten beginnt. Die Zeit vor all den Lügen.
Es beginnt wenig aufregend. Morgens ist sie zunächst eine von Tausenden, die im Minirock und zusammengepfercht in der
U-Bahn ins Büro fährt, wo sie den ganzen Tag auf eine riesige Remington einhämmert. Von Zigarettenqualm umhüllt.....

Endlich ein Auftrag. Die Operation Honig wird ins Leben gerufen. Bedeutende Autoren sollen vom MI5 finanziert und so in ihrer Meinungsbildung unbewusst gelenkt werden. Russland macht es so mit seinen Kulturschaffenden, warum nicht auch Groß-Britannien. Der Kalte Krieg tobt an allen Fronten.
Serena ist blond, jung, äußerst attraktiv und eine leidenschaftliche Leserin. 3-4 Bücher liest sie pro Woche, meist modernes Zeug aus Trödelläden oder Buchantiquariaten. Nach gewohnter Art schlingt sie die Bücher gierig in sich hinein von Jane Austen bis William Golding.
Und weil sie schnell Männer kennen lernt und Affären gegenüber nicht abgeneigt ist, scheint sie genau richtig für die Aufgabe. Noch klingt alles irgendwie harmlos und banal. Auch die leidenschaftliche Liebesgeschichte, die sich nun zwischen ihr und dem jungen Dichter Tom entwickelt.
Doch eine Gewitterwolke braut sich über der ahnungslosen Serena zusammen.
Nie findet sie den richtigen Zeitpunkt, um ihrem Geliebten von ihrer Tätigkeit zu beichten. Aber wie könnte sie auch! Damit wäre die Liebe vorbei, ihre Tarnung aufgeflogen.
McEwan beschreibt diesen inneren Kampf Serenas großartig.
Ebenso das London der 70er Jahre.
Auffällige Männer mit Hut und Trenchcoat beschatten noch "unauffällig" in dunklen Hauseingängen ihre Opfer. Briefe und Akten können einfach zerrissen und damit für immer vernichtet werden. Vor einem gläsernen Zeitalter warnen lediglich Autoren, so wie George Orwell in seinem Roman "1984".
Überhaupt geht es viel um Literatur!
Ich glaube, kürzer gefasste Textstellen aus Toms literarischem Schaffen hätten der Story gut getan. Die Inhalte waren mir oft zu ausführlich und für den Roman insgesamt gar nicht notwendig.
(Ergänzung am 15.10.: vielleicht war es McEwan dennoch wichtig, sie in aller Ausführlichkeit mit in den Text einfließen zu lassen, denn wie er auf der Lesung im Berliner Ensemble am 14.10. erklärt hat, seien das frühe Texte von ihm selbst!!!)

Manchmal war mir der Blick, waren mir die Gedanken von Serena zu kühl, fast zu männlich (erst am Ende wird klar, warum das so ist).

Doch insgesamt gesehen, hat McEwan ein großartiges und bis zum letzten Satz absolut schlüssiges Szenario um Liebe, Intrigen und Verrat entwickelt.




Sonntag, 29. September 2013

Andreas Eschbach, Todesengel

"Wir Menschen sind sensibler, als die meisten von uns ahnen. Hätten wir keinen Filter im Hirn, die Flut der Sinneseindrücke würde uns überwältigen. Man kann diesen Filter ausschalten. Ich kann es."
Der so denkt, streift nachts durch die Straßen der Großstadt, als bewege er sich durch einen "ungeheuren, lebendigen Organismus". Er ist auf dem Pfad des Kriegers und er hat Geduld.
Im richtigen Moment erreicht er den Abgang einer Metro-Station. Schmerz flammt heraus wie ein Fanal. Todesangst. Er wird im entscheidenden Moment erscheinen, das Richtige tun. Jetzt!

Erich Sassbeck wartet auf seine U-Bahn. In seinem Kopf geistert noch die Diskussion mit seiner Tochter über Zivilcourage herum, als er sieht, wie zwei Jugendliche eine Bank demolieren. Sassbeck will endlich mal Zivilcourage zeigen, es seiner Tochter Evelyn beweisen. Er geht auf die Jungs zu, die schwer unter Alkohol stehen, spricht sie an. Sie schlagen zu. Immer und immer wieder, bis Sassbeck am Boden liegt.

Eine Zeugin wird später aussagen, dass im richtigen Moment ein Engel erschienen sei, um Sassbeck zu rächen. Ein Engel, strahlend weiß und lautlos.
Auch Sassbeck berichtet von dem leuchtenden Engel mit dem gnadenlosen Blick.
Mit erhobenen Armen und in jeder Hand eine Makarow.

Ingo Praise, 28 Jahre, glaubt nicht mehr an den Job seines Lebens. Als freier Journalist muss er froh über jeden Auftrag sein.
Dann der Fall mit dem Todesengel. Selbstjustiz! Vorbei die Zeit der Resignation.
Ingo bekommt über die Reportage eine eigene Fernsehshow, ist jetzt Moderator. Doch das Gefühl, selbst über die Inhalte der Show bestimmen zu können, verliert sich mehr und mehr.
Die Medien stürzen sich auf Sassbecks Rolle in der Zeit als Grenzer in der DDR.
Irgendwann befindet Ingo Praise sich auf einer gefährlichen Gratwanderung. Wer ist eigentlich Opfer und wer Täter von Gewalttaten? Hat er noch die Kontrolle über seine Sendung?
Die Story bekommt dann immer mehr Tiefe. Überhaupt nicht klar ist, wer sich hinter dem Todesengel verbirgt. Und um vorab keine Spannung weg zu nehmen, soll das soweit genügen.

"Todesengel" ist eine sehr komplexe Story, die viele Fragen aufwirft. Allen voran die Frage, wie berechtigt Selbstjustiz ist. Es geht um Zivilcourage, Mut und Selbstvertrauen. Um Kampfsport außerdem und um die Macht der Medien.

Wieder ein ganz anderer Eschbach als alle vorherigen. Aber das macht das Lesen seiner Thriller auch so wertvoll. Es gibt kein Schema, keinen roten Faden. Und das Ende kommt dann garantiert total überraschend. Man kann diesen Roman übrigens auch wunderbar hören. Gelesen von Matthias Koeberlin, ist dieses Hörbuch ein ganz besonderer Genuss.






Samstag, 21. September 2013

Joana Zimmer. Blind date. Die Welt mit meinen Augen sehen

Diese autobiographische Geschichte der Sängerin Joana ist mehr als nur ein Buch über ihr Leben, ihre Songs. Doch dazu später mehr -
Bereits der Einstieg in die Story ist super spannend und sehr atmosphärisch, wenn sie im Kapitel Miss JZ in concert von einem Auftritt erzählt:
"Der Wagen hält. Die wenigen Schritte zum Bühneneingang gehen wir gemeinsam. Ein Flur, links, rechts..... wir gehen schweigend, konzentriert. .... Das Stimmengewirr der Menge dringt zu mir. Ausverkauft heißt es. Was wird dieser Abend bringen? ...Plötzlich die Spots, nur wenige Schritte sind es zum Mikro. Applaus brandet auf.... Ich spüre die Band hinter mir, kann mich auf alle verlassen, die mit mir sind..."
Dieses großartige Gefühl, das sich hier aufbaut - irgendwie fühlt man sich erinnert an die erste Szene im Film "Jonny Cash", kurz bevor er den berühmten Folsom Prison Blues singt. Dieses Stampfen und rhythmische Klatschen der Mithäftlinge, seinen Fans. Man fiebert mit.

Passend zum jeweiligen Inhalt, sind alle Kapitel in "Blind date" mit Joanas Songs überschrieben. Tolle Idee!
So erzählt sie in Not looking back über Schwierigkeiten und Enttäuschungen, die sie auch immer als Herausforderung gesehen hat. Und egal, was passiert, sie geht weiter mit dem Blick nach vorn.

In Papa can you hear me ist das Thema ihre Familie. Man spürt, dass von Kindheit an viele Menschen Joana liebevoll erzogen und sie geprägt haben. Allen voran ihre geliebte Großmutter.
Der Großmutter ist überhaupt auch das Buch gewidmet. Sie ist es, die man immer und überall zwischen den Zeilen spürt, als hätte sie beim Schreiben über Joanas Schulter geschaut. Lächelnd, weise, voller Liebe und mit diesem unerschütterlichen Optimismus und der Gabe, immer die positiven Seiten im Leben zu sehen.
Joana hat diese Dinge übernommen. Auch und ganz besonders, wenn es um ihr Handicap geht.
Als würde sie sagen, okay, ich kann nicht sehen, aber es gibt doch unendlich viele Möglichkeiten, das Leben zu genießen .
Ein Beispiel sind die Ferien in Tirol und ihr lakonischer Satz:
"Wer sagt denn, dass man beim Skifahren sehen können muss?"
Ihre Power und ihr Ideenreichtum scheinen grenzenlos. Manche Passagen sind spannend wie ein Thriller. Atemlos liest man über ihren Weg von der ersten Demo-CD (selbst gebrannt und allein versendet an unzählige Plattenlabels) bis zum Platz 2 in den deutschen Single-Charts 2005.
Oder über den Wechsel von BMG zu Universal.

"Blind date" ist auf jeden Fall ein sehr persönliches Buch. Man hat nach dem Lesen das Gefühl, ihr ein Stück näher gekommen zu sein. Egal ob es um Yoga, Singen, Tanzen, Sinnlichkeit oder Fashion geht.
Doch es ist auch ein Buch, in welchem unglaublich viel Power steckt.
Eine Story, die zeigt: So geht es auch!!!!
Inspirierend und einzigartig, kraftvoll und sensibel zugleich.





Dienstag, 10. September 2013

Sven Regener. Magical Mystery oder Die Rückkehr des Karl Schmidt

Raimund und Ferdi, die alten Kumpel aus Berlin, suchen einen Fahrer. Die Berliner Mauer ist weg, es sind die 90er Jahre und die beiden haben in Berlin ein Plattenlabel gegründet, nun wollen sie mit Hosti-Bros und Kratzbombe zehn Tage durch Deutschland touren. Fehlt nur noch der Fahrer -

In einer zufälligen Begegnung, die an Komik kaum zu überbieten ist, trifft Raimund in Hamburg Altona Karl Schmidt, clean seit fünf Jahren.
Karl hat sich gerade einen Eisbecher Monteverdi (ohne Eierlikör, ohne Maraschino-Kirsche!!!!! ) bestellt, trinkt Unmengen Kaffee und raucht wie verrückt...
Raimund erzählt von Berlin und Hosti-Bros und erst Tage später, Karl Schmidt ruft auf dem "arschteuren Funkding" in Berlin an, versteht er endlich, worum es geht.

Raimund: "Wir brauchen einen, der sich um alles kümmert, der uns fährt, auf das Geld aufpasst und auf uns..." Und als Charlie fragt, warum er, antwortet Raimund:
"Das war Ferdis Idee, weil du nichts nehmen darfst. Ich hab ihm erzählt, dass du nichts nehmen darfst. Du darfst doch nichts nehmen, das hab ich doch richtig verstanden, oder?"

Charlie also ist der ideale Mann, er bekommt 4.000,- DM auf die Kralle und als er endlich Othmarschen und all die Leute von Clean Cut 1 verlässt und im Zug sitzt, da bekommt er nach all dem Zögern doch ein gutes Gefühl. Jetzt geht's los. Diese Zugfahrt über Nauen nach Berlin mit den Augen von Karl Schmidt hat ebenfalls unglaublich viel Humor. Er, der nur das geteilte Berlin kennt, staunt, wie diese Stadt sich jetzt anfühlt. Bahnhof Zoo, Friedrichstraße und schließlich....

....das Wiedersehen am Hackeschen Markt.
Man ist mittendrin mit Karl Schmidt und seinen Leuten. Wie offen und verrückt und neu ist dieses Berlin der 90er Jahre, wo man die ersten Asiasuppen löffelt "mit extra scharfem Zeug zum Reinmachen" und obwohl "diese Suppen ja sowas für den hohlen Zahn sind".
Wo man noch überall rauchen darf und alles so elektrisierend ist. Techno. Rave. Partys bis in den Morgen.

Und dann die Tour, die vollen Säle. Charlie muss schließlich auch mal an die Plattenteller, weil Basti von Hosti-Bros einfach schlapp macht. Keiner der tanzenden Raver merkt das. Und für Karl Schmidt ist es DAS Abenteuer. Und wie er wieder und wieder den Drogen und dem Bier widersteht!!
Ein wirklich großer Spaß.
Ein ganz besonderer Genuß allerdings ist es, sich das Hörbuch zu gönnen. Sven Regener liest ungekürzt und mit seiner ganz einzigartigen Stimme, seinem leicht nördlichen Dialekt. Jeden Morgen nur eine Track und man geht garantiert gut gelaunt in den Tag.



Dienstag, 3. September 2013

Daniel Kehlmann. F

Die Erwartung war groß, ich gebe es zu! Ganz besonders nach "Vermessung der Welt" und auch nach "Ruhm". Aber schon die Idee der drei Halbbrüder mit den verschiedensten Lebenswegen verspricht Spannung.

Martin, Priester, glaubt nicht an Gott. Nun ja, er bemüht sich und hofft, dass ER irgendwann zu ihm spricht, dass der Glaube zu ihm kommt. So lange verteilt er erstmal die Hostien, predigt, nimmt Beichten ab. Weiß er mal keine Antwort auf eine Glaubensfrage, dann spricht er überzeugend davon, dass alles ein großes Mysterium sei. Was für eine Lüge.
Mit Mädchen kam er nie richtig gut klar, einen Bürojob hat er nie gewollt. Priester werden - das war irgendwie bequem.

Eric, Finanzberater, hat Millionen Euro seiner Kunden veruntreut, schluckt Unmengen von Pillen, hat Visionen. Was er bei aller Verwirrtheit ganz sicher weiß: es dauert nicht mehr lange, bis die Lügen auffliegen. Er ist von den drei Brüdern der verrückteste. Die Gespräche, die er führt, die Nachrichten, die er auf seinem Handy versendet, sie sind deshalb von großartiger Situationskomik geprägt. Doch so komisch sie wirken, so tragisch sind sie eigentlich. Wenn sich wattige Gleichgültigkeit um ihn legt, und er einfach weitermacht. Mit dem Wissen, eines Tages alles zu verlieren, "man wird den Namen Eric Friedland mit Abscheu nennen, wer dir jetzt noch vertraut, wird dich verfluchen, deine Familie wird zerfallen, und dich sperrt man ein."

Iwan, Kunstfälscher, wollte gern Maler werden. Von den drei Brüdern hat er die meisten Sympatien. Er führt den gesamten Kunstbetrieb ad absurdum. Skurrile Aktionen, Betrügereien und auch hier das Wissen, dass es nicht ewig gut gehen kann.

Das klingt jetzt vielleicht wie eine einfach gestrickte Story. Doch das ist es nicht. Im Gegenteil. Denn alle drei Schicksale sind durch außergewöhnliche Nebenhandlungen miteinander verknüpft. Und natürlich durch ihren selten anwesenden Vater Arthur Friedland. Hypnose und Tarot spielen eine Rolle. Was ist Wirklichkeit und was ist Schein?

Mehr kann man eigentlich nicht verraten. Nur, dass F zu lesen, ein absolut großes Abenteuer ist.
Man entdeckt so viel. Es genügt auch nicht, das Buch nach dem letzten Satz einfach zuzuschlagen. Es arbeitet weiter in den Gedanken, lässt einen so schnell nicht los. Und wie hat es auf Seite 7 eigentlich angefangen?
"Jahre später, sie waren längst erwachsen und ein jeder verstrickt in sein eigenes Unglück, wusste keiner von Arthur Friedlands Söhnen mehr, wessen Idee es eigentlich gewesen war, an jenem Nachmittag zum Hypnotiseur zu gehen.
Es war das Jahr 1984, und Arthur hatte keinen Beruf. Er schrieb Romane, die kein Verlag drucken wollte....
Auf der Hinfahrt sprach er mit seinen Söhnen über Nietzsche und Kaugummimarken... sie stellten Hypothesen darüber auf, warum Yoda so seltsam sprach, und sie fragten sich, ob wohl Superman stärker war als Batman...."


Samstag, 31. August 2013

Moshin Hamid. So wirst du stinkreich im boomenden Asien. Aus dem Englischen von Eike Schönfeld

"Seien wir ehrlich, ein Selbsthilfebuch ist ein Widerspruch in sich, es sei denn, man schreibt selbst eines. Es ist doch so: Du liest ein Selbsthilfebuch, damit jemand, der nicht du ist, dir helfen kann, und dieser Jemand ist der Autor."
So beginnt ein Roman, der es in sich hat! Der keine Minute langweilt.
Temporeich, frech, verrückt. Auch brutal realistisch.
Die Du-Perspektive - unbekannter Autor spricht mit einem namenlosen Protagonisten - hält Moshin Hamid durch bis zum letzten Satz!
Im Verlauf der Story begegnet dem Jungen immer wieder ein sehr hübsches Mädchen, bleibt über Jahrzehnte das Objekt seiner Begierde. Sein Name: "das hübsche Mädchen" - egal, ob über die Jahre aus dem einfachen Mädchen ein berühmtes Model und aus diesem wiederum eine reiche Unternehmerin werden wird. Im boomenden Asien. Es könnte Pakistan sein. Denn hier ist Moshin Hamid geboren und aufgewachsen.
Hier lebt er nach Aufenthalten in New York und London heute wieder.

Der mit DU angesprochene Protagonist also hat das große Glück, vom Land und der totalen Armut weg in die Stadt geholt zu werden, dort zu studieren und sich selbständig zu machen. Mit großem Erfindungsreichtum und ein bißchen Glück gelingt sein Unternehmen vorerst und er wird reich -

Es ist wirklich unglaublich, wie Hamid es schafft, auf lediglich 220 Seiten eine ganze Welt, ein Jahrhundert des Werdens und Vergehens zu beschreiben. Mit knappen Worten beschreibt er nicht nur den Wahnsinn der Großstädte oder das absolut rückständige Leben auf den Dörfern Asiens, sondern erzählt eine einzigartige Liebesgeschichte. Vielleicht macht Geld allein eben doch nicht glücklich.
Und vielleicht hat der Autor des Selbsthilfebuches sich geirrt, als er in Kapitel eindeutig gewarnt hatte:
"Verlieb dich nicht....denn was das Reichwerden betrifft,
kann die Liebe ein Hemmnis sein."















Für alle Fans von Adiga "Der weisse Tiger"

Samstag, 24. August 2013

Leon de Winter. Ein gutes Herz. Aus dem Niederländischen von Hanni Ehlers

Theo van Gogh ist tot. Sein Mörder - der auch gern sterben wollte - nicht. Doch nachdem er van Gogh die Kehle durchtrennt hatte, wurde der marokkanische Islamist Mohammed Bouyeri von einem Schuß der Polizei getroffen und gefangen genommen. Seitdem sitzt er im Gefängnis.

Was dann passiert? Theo van Gogh landet im Himmel:
"All die stumpfsinnigen, schmalspurigen Märchen von der großen Abrechnung über das Leben, auf die man sich im Tod gefasst machen könnte, entsprachen der Wahrheit - das erfuhr Theo van Gogh am eigenen Leib (naja, LEIB hier nur im übertragenen Sinne)."
Im Himmel dann begegnet van Gogh dem schwarzen Franziskanerpriester Jimmy, der den Hirntod gestorben war. Noch vor seinem Tod wurde sein Herz gespendet.....
Weil ich an der Stelle einfach nicht zu viel verraten möchte, springe ich jetzt zu Leon de Winter, der auch eine wichtige Rolle in diesem total verrückten, elektrisierenden Roman spielt. Leon de Winter hat sich gerade von seiner Frau Jessica Durlacher getrennt und beginnt eine Affäre mit der attraktiven Sonja, die zwar noch um Jimmy trauert, durchaus aber offen für eine neue feste Beziehung ist. Ihr persönlicher Alptraum ist seit zehn Jahren Max Kohn, ihr Ex-Mann. Sie liebt ihn noch immer, doch genauso stark hasst sie ihn auch. Dafür gibt es mehrere Gründe, um nur ein paar zu nennen: er kokst, trinkt, lebt total gewissenlos und hat Frauen wie es ihm gefällt.
Aber....Max Kohn hat ein krankes Herz.
Sehr abgedreht, total crazy,ich verspreche es!! Denn gelenkt wird alles, was in dieser Story geschieht, aus dem Himmel: von Jimmy und van Gogh. Theo van Gogh nämlich bekommt die Chance, den glücklichsten Tag seines Lebens wieder und wieder zu erleben. Doch muss er dafür einen von drei Menschen auf der Erde beschützen. Und er entscheidet sich für Max Kohn.

Und das ist nur der Rahmen der Handlung, in deren Verlauf noch spektakuläre Ereignisse und unerwartete Zwischenfälle passieren. Und in der es so viel menschliche Wärme gibt.
Ach, man möchte niederknien vor diesem Geniestreich.
Leon de Winter hat mit "Ein gutes Herz" einen spannungsgeladenen, zeitaktuellen Roman geschrieben. Und wie ich finde, seinen besten. Die Darstellung gewalttätiger Tendenzen in unseren Großstädten in Konfrontation mit dem Wunsch der meisten Menschen nach einem normalen Alltag ist grandios. Die Konstruktion der Geschichte, der Zusammenhang zwischen den Figuren und Situationen gleicht einem riesigen Mosaik, das sich Stück für Stück zusammensetzt zu einem farbigen Ganzen.

Nach einem gewaltigen Showdown dann ein versöhnliches Ende und dennoch bleibt die Frage, ob wir nicht vielleicht doch auf einem gewaltigen Pulverfass sitzen -


Donnerstag, 22. August 2013

Stefanie de Velasco, tigermilch

Jameelah und Nini sind 14 Jahre alt und beste Freundinnen. Sie ziehen in diesem sehr heißen Berliner Sommer durch die Gegend, mal zur Kurfürsten, mal zum Nollendorfplatz. Beide glauben fest daran, dass nichts auf der Welt schief gehen kann, solange sie zusammen sind und nirgendwo allein hingehen.
Um sich anzuturnen, mischen die Mädchen Maracujasaft mit Mariacron und einem Schuss Milch. Sie nennen diesen exotischen Mix Tigermilch. Alles scheint unbeschwert. Doch ein Ereignis in diesen Ferien wird ihrer beider Leben für immer verändern.

Ihr vorerst wichtigstes Projekt jedoch ist die Entjungferung. Um das schnell durchziehen zu können, kaufen sie sich Ringelstrümpfe und stolzieren im kurzen Kleidchen auf der Kurfürsten.
Auch sehnen sich beide nach der großen Liebe, allerdings mit gleichaltrigen Jungs wie Nico, Amir oder Lucas aus ihrer Clique.

Dann geschieht eines Nachts ein Mord, bei welchem beide Mädchen ungewollt zu Zeuginnen werden.
Ihr Leben wird komplett aus der Bahn geworfen. Denn Täter und Opfer sind aus dem nahen Freundeskreis. Probleme wie Ehrenmord, Blutrache und Traumata aus dem Krieg in Serbien sind Dinge, die für Nini relativ neu sind. Jameelah ist da cooler, sie hat einfach schon viel mehr Tragisches erlebt. Mit ihrer Mutter Noura ist sie aus dem Irak gekommen und hofft auf deutsche Einbürgerung.

Starkes Debüt! Der Erzählton von Stefanie de Velasco ist frech, wütend, manchmal auch schockierend und gnadenlos realistisch.
Ninis schnodderige respektlose Art zu reden, erinnert manchmal an Christiane F. vom Bahnhof Zoo, manchmal an das Mädchen Sascha aus "Scherbenpark".
Eine Großstadtgeschichte, wie sie sich überall zutragen könnte.









Sonntag, 18. August 2013

Yoko Ogawa. Schwimmen mit Elefanten. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold


Am Anfang des Romans hat er noch keinen Namen, er ist einfach nur "der Junge".
Schon in früher Kindheit entwickelt er eine Leidenschaft für Schach und beschließt mit elf Jahren, nicht mehr zu wachsen. Ausgelöst durch zwei Geschehnisse in seiner Kindheit, ist er besessen von der Tragödie um das Größerwerden. Allein der Gedanke daran, zieht ihn in einen Sumpf aus Angst.

Da ist Indira, das Elefantenmädchen. Einst als Baby und zu Zwecken der Attraktion auf das Dach eines Kaufhauses transportiert, sollte Indira irgendwann für immer in den Zoo. Mittlerweile war Indira aber zu groß für den Fahrstuhl und musste bis ans Ende ihrer Tage auf dem Dach des Kaufhauses leben. Vier Kuhlen im Betonboden und eine Fußfessel zeugen von ihrem tristen Leben.
Für den Jungen eine traumatische Kindheitserfahrung.
Und dann ist da noch der dicke Mann. Leidenschaftlicher Schachspieler, lebt in einem ausrangierten Bus. Von ihm lernt der Junge die Eleganz und Raffinesse des Schachs. Der dicke Mann lehrt ihn, dass es mehr darum geht, die Schönheit des Spiels zu genießen, als den König des Gegners in die Enge zu treiben. Zeit seines Lebens wird ihn der Spruch seines Meisters "Nicht so hastig, mein Junge" begleiten -
Doch sein Meister, der auch eine Leidenschaft für Süßes und Kuchen aller Art hat, wird dicker und dicker.
Kaum verlässt er noch seinen Bus, in welchem er mit seinem Kater Pawn lebt.
Interessant an dem Roman finde ich, dass ein zweites Tier auftaucht, welches einen Namen trägt. Der Meister und der Junge bleiben namenlos.
Passenderweise ist Pawn schwarz-weiß gefleckt wie der Tisch daneben mit den schwarz-weißen Quadraten. Beide bilden eine harmonische und untrennbare Einheit. Jahrelang verbindet die drei eine tiefe Freundschaft.
Ein tragisches Ereignis jedoch wird die Angst des Jungen, groß zu werden, verstärken. Ein Ereignis, an welches er sich sein ganzes Leben erinnern wird.

Er wird andere Orte erleben, an denen er aber eines immer und immer wieder tut: Schachspielen. Mittlerweile ist er berühmt als der kleine Aljechin (inspiriert von Alexander Aljechin, dem berühmten französisch-russischen Schachspieler) und tritt, versteckt in einem Schachautomaten, gegen die unterschiedlichsten Gegner an. Und dann ist da auch noch das Mädchen Miira....
Ein melancholisches, zartes Mädchen, das die Notationen zu jedem Spiel des kleinen Aljechin aufschreibt.
Der Junge ist ein stiller Liebender und so sind es oft nur ganz versteckte, aber umso tiefer berührende Momente, in denen seine tiefe Liebe zu Miira zum Ausdruck kommt. Etwa, wenn er sie unter vielen anderen weiß Gekleideten zu finden hofft und sie schließlich erkennt an dem unverwechselbaren Schatten ihrer traurig gesenkten Wimpern (S.196).

So ist "Schwimmen mit Elefanten" nicht nur Schach- sondern auch wunderschöner Liebesroman.
Wie in den Romanen von Haruki Murakami begegnen einem beim Lesen skurrile Charaktere in außergewöhnlichen Situationen. Traum und Realität vermischen sich leise und elegant miteinander.

Bin fasziniert, tief berührt und sehr begeistert.
Eine außergewöhnliche Geschichte über einen ganz besonderen Jungen.

Mittwoch, 14. August 2013

Uwe Timm. Vogelweide

Ich habe diesen Roman verschlungen.
Wort für Wort und Satz für Satz.
Schon, wenn man das Buch aufschlägt, ist man verloren in dieser wundervollen, klugen und gefühlvollen Sprache.
"Die Insel verlagert sich langsam nach Osten. Drei bis vier Meter im Jahr, je nach Stärke der Winterstürme und Sturmfluten. Hier, wo er jetzt stand, war vor vierzig Jahren Wasser nur und Watt."
Eschenwald hat alles verloren, die Computerfirma, die Freundin, die Geliebte und das wunderschöne Loft mit Blick auf den Berliner Zoo. In eine tiefe Stille hat er sich zurück gezogen, beobachtet auf einer einsamen Nordsee-Insel Vogelschwärme. Wattvögel, Austernfischer und den seltenen Steinwälzer.
Er liebt die Ruhe, die Einsamkeit. Wie ein Eremit gibt er sich seinen täglichen Ritualen hin. Kaffee, Frühstück, Strandgut sammeln, Vögel beobachten.

Ein Anruf von Anna verändert diese meditative Stille und er beginnt, sich zu erinnern.
Wie er Anna und ihren Ehemann Ewald kennen lernte. Wie das Begehren begann, wie es immer stärker wurde. Und wie Anna seine Geliebte wurde. Und wie er, der doch mit seiner Freundin Selma glücklich war, Vorsätze aufgab. Wie er sich gemeinsam mit Anna befreit und haltlos gefühlt hatte. Ohne Takt und Moral. Ohne Rücksicht und Anstand. Ganz von Sinnen -

Immer wieder während des Erinnerns aber ist Eschenwald im Hier und Jetzt seines Inseldaseins. Beobachtet die Wellen, den Himmel, führt Gespräche mit Einheimischen. Man hat das Gefühl, dass es ihm in dieser tiefen Einsamkeit besser geht, fast beneidet man ihn um dieses Leben.
In den diversen Rückschauen erfahren wir auch, wie turbulent es einmal war. War es deshalb besser? Die Frage stellt sich gar nicht. Irgendwie hat jeder seinen neuen Platz gefunden. Egal, ob Selma, Ewald oder Anna. Und aus alter Wut und Trauer kann wieder etwas Neues entstehen.
Für mich der beste deutschsprachige Roman in diesem Sommer.







Mittwoch, 7. August 2013

Anna Stothard. Die Kunst, Schluss zu machen. Aus dem Englischen von Hans M. Herzog

Eva Elliot lebt und arbeitet in London als Lektorin in einem Erotik-Verlag. Täglich liest sie Manuskripte meist sehr trivialer Art und mit kitschigem Ende. Trotzdem liebt sie ihren Job, denn schon als kleines Mädchen hat sie Romane wie "Lolita", "Vom Winde verweht" oder "Jahrmarkt der Eitelkeiten" verschlungen.
In beiläufigem Plauderton spricht sie über große Autoren wie Truman Capote, Henry James oder Nabokov. Besonders beschäftigen sie immer wieder leidenschaftliche Abschiedsszenen - egal, ob in Filmen oder in Büchern.

Und auch im wirklichen Leben liebt Eva TRENNUNGEN!
Mit größter Präzision und eifriger Freude bereitet sie sich in jeder Beziehung auf deren schnelle Beendigung vor. Nach einer Trennung, sagt Eva, fühle sie sich immer sehr "aufgekratzt und vergnügt, als könne sie fliegen. Je fester der Griff, desto größer war vielleicht die Erleichterung beim Loslassen." (S. 127)
Doch mit ihrem derzeitigen Freund Luke ist alles anders.
Mehrmals hat sie bereits versucht, sich von ihm zu trennen, doch versöhnen sich beide immer wieder. Meist geschieht dies bei einer Runde Scrabble (eine weitere von Evas Leidenschaften).
Bis eines Tages auf einer Party die exzentrische hübsche Grace auftaucht und alles durcheinander wirbelt.

Den Roman zu lesen macht einfach wahnsinnig Spaß. Eva ist klug und witzig. Man wäre gern ihre Freundin, würde an ihrer Seite durch die Charing Cross Road oder den Regent's Park schlendern und dabei über neueste Trends in Mode, Literatur und Film plaudern. Später mit ihr noch auf einen Cocktail in eine Bar oder einen Snack in einem der vielen "Pret a manger"-Shops gehen.

Ein sehr poetisches Bild begleitet die gesamte Story. Es ist Regina - ein aus dem Zoo entflohenes Steinadlerweibchen. Ihre Freiheit genießend, fliegt Regina über London und hält die Stadt in Atem.
Regina liebt das Fleisch junger Pudel!!
Erhaben sitzt sie auf der Bronzeskulptur in der Mitte des Trafalgar Square oder jagt Enten und Kaninchen im Regent's Park, bis sie eines Tages eingefangen und in den Käfig zu ihrem Partner Goldie zurück gebracht wird. Dort wetzen beide wieder simultan ihre Schnäbel an einem Ast -

Tolle Story, verrückt und erfrischend!

Sonntag, 4. August 2013

Hans Pleschinski. Königsallee - Mit Thomas Mann und Klaus Heuser in Düsseldorf


Wieder sind es die ersten Sätze, die einen bannen:


Der Aufruhr im "Breidenbacher Hof" war groß.
Das Grand Hotel befand sich im Ausnahmezustand.
Krude Zeiten.
Da mußte man durch.
Knappe Sprache, lakonische Formulierungen.
Doch, leider - so bleibt es nicht.
Der Stoff verdichtet sich.
Oftmals wünscht man sich beim Lesen der insgesamt 388 Seiten eine Raffung, mehr Tempo.
Eindrucksvolle Szenen und die Neugier, ob Thomas Mann und Klaus Heuser sich nun wiederbegegnen werden, treiben einen trotzdem weiter.
Denn die Story ist insgesamt atmosphärisch dicht und faktenreich erzählt.

Sommer 1954 in Düsseldorf:
Klaus Heuser, der schöne junge Mann, in den Thomas Mann sich 1927 verliebt hatte und der ihm Inspiration war für die Romanfigur des Joseph, gastiert im Düsseldorfer Hotel. Er ist nicht allein. An seiner Seite der exotisch wirkende asiatische Geliebte Anwar.
Auch Thomas Mann mit Frau Katia und Tochter Erika ist zu Gast in jenem Hotel.
Er wird aus dem "Felix Krull" lesen. Die Lesung ist komplett ausverkauft. Der Magier, der Zauberer, der Nobelpreisträger - Thomas Mann ist berühmt und beliebt.
Desweiteren tauchen in der Story Golo Mann und der Dichter Ernst Bertram auf. Erika Mann gerät in Disput mit ihrem Bruder und auch mit Klaus Heuser.
Lange Reden und Monologe zeigen die Zweifel und Hoffnungen der 50er Jahre. Man erfährt so viel. Zu viel.
Glücklich war ich beim Lesen immer dann, wenn es so ganz persönliche Szenen gab.
Zwischen Klaus und Anwar. Oder zwischen dem Ehepaar Mann.
Und grandios dargestellt ist auch der Abend der Lesung mit anschließendem Sektempfang. Dafür hat sich der Roman dann eben doch gelohnt.




Dienstag, 30. Juli 2013

Alex Capus. Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer


Dass dies ein großer Roman ist - man spürt es mit den ersten Sätzen:
"Ich mag das Mädchen. Mir gefällt die Vorstellung, dass sie im hintersten Wagen des Orient-Express in der offenen Tür sitzt, während silbern glitzernd der Zürichsee an ihr vorüberzieht. Es könnte Anfang November 1924 sein."
Wer dieses Mädchen ist? Laura d'Oriano.
Und der sie im Zürcher Hauptbahnhof beobachten könnte, ist ein junger Mann namens Felix Broch.
Ebenfalls zufällig könnte der aus Griechenland kommende Emile Gilliéron das Mädchen und den Burschen bemerken.
Und so fängt es an. Real sind sie sich nie begegnet. Doch möglich hätte es sein können -

Ganz anders, als in dem Liebesroman "Leon und Luise", vermischt Capus in diesem Roman Fakten und Fiktionen. Lässt er reale Personen in realen Situationen auftreten.
Immer verbunden mit einem kleinen Augenzwinkern, dass es genauso hätte sein können, weil er es sich so vorstellt. Dabei bleibt Capus stets stiller Beobachter. Ohne zu urteilen oder zu werten.

Drei Leben - drei völlig verschiedene Entwicklungen.
Laura d'Oriano muss eines Tages erkennen, dass ihre Stimme zu professionellem Gesang nicht ausreicht. Damit zerplatzt ein Traum. Stürzt sie das in eine Depression? Nein. Laura akzeptiert, findet es zwar schade, doch hat sie noch immer so ein Gefühl in der Brust. Wie ein Summen aus dem Weltraum. Und sie muss aufs Zigarettenrauchen nicht länger verzichten. Sie kann immer noch in kleinen Clubs auftreten.
Ihre Kunst zum Theaterspiel verleiht ihr außerdem die Gabe, eine fast perfekte Spionin zu werden.

Felix Broch, Pazifist und Physiker, ist nach großartigen Forschungen aufgeommen worden in den Kreis um den Wissenschaftler Oppenheimer. In Mexiko wir die erste Atombombe gebaut. Mit dem eigentlichen Ziel, Hitler zuvorzukommen.
Emile Gilliéron verwendet seine Leidenschaft und sein Genie zum Malen, um griechische Kunst zu fälschen.

Man hätte sich vielleicht weniger Fakten und dafür noch mehr Phantasie des Autors im Umgang mit seinen Figuren gewünscht. Das Ende kam dann fast zu abrupt. Dennoch absolut lesenswert.
Ein Stück Zeitgeschichte außerdem und ein spannendes Bild der Schweiz der 30er und 40er Jahre.

Samstag, 27. Juli 2013

Katharina Hartwell. Das fremde Meer


Phantastisch, märchenhaft, spannend - Worte, um ihn zu beschreiben gibt es so viele, doch zuerst ist er natürlich dies:
ein ganz großer Liebesroman.
Erzählt wird von der Liebe in all ihren Variationen.
Vom Glück und dem damit verbundenen Schmerz.
Erzählerin der zehn Geschichten ist Marie. Zuerst beginnt sie, von sich zu erzählen und davon, wie sie ihn fand, den sie so sehr liebt: Jan.
Aus einem Grund, den wir erst am Ende erfahren, folgen nun Storys (meist) tragischer Liebespaare. Immer muss ein kranker, schwacher Julian, Yann oder Jacques aus den Wolken, den Meeresfluten oder einem Turm gerettet werden.
Jedesmal sucht eine aufrechte, mutige und starke Moira, Martha oder Miranda ihren Geliebten.

Und das Verrückte ist, jede Geschichte bedient ein anderes Genre!
Katharina Hartwell wechselt von einer Science-Fiction-Story zum Märchen, gefolgt von einer Story, deren Figuren und Orte historisch belegt sind.
Bedrückend und beängstigend mutet die Atmosphäre in der Salpêtrière an, einer psychiatrischen Anstalt im Paris des 19. Jahrhunderts. Reale Figuren, wie der berühmte Arzt Charcot und sein Assistent Freud sowie die Patientin Blanche Wittman (Hysterikerin) tauchen auf.
Dann wird es wieder versponnen und verzaubert. Ein Junge muss aus einem Leuchtturm, ein anderer aus einem schwebenden Zeppelin gerettet werden.
Ein Entfesselungskünstler à la Houdini begegnet im Zirkus einem Medium.

Orte, Ereignisse und Symbole wiederholen sich und verknüpfen die Geschichten auf geheime Weise.
So tauchen immer wieder Schlüssel und dazu passende Schlösser auf. Das Zwillingspaar Merwin und Corwin geistert durch mindestens zwei Geschichten. Wir befinden uns mal in der Wechselstadt, dann in der Nordstadt.
Marie erzählt und erzählt. Gern auch von ihrer großen Liebe zu Jan (S. 341):
"Ich wünschte, du wärst kleiner, leichter....
Ich wünschte, du wärest so klein und leicht, dass ich dich zusammenfalten und bei mir tragen könnte.
Ich wüsste, dass du gut verwahrt bist und geschützt vor der Welt.
Der Schlag deines stecknadelgroßen Herzens, ich hätte ihn immer im Ohr.
Wir wären nie getrennt."
Als in der Geschichte mit dem Zeppelin die Krankenschwester Milena dem lichtkranken Jakob "Das fremde Meer und andere Geschichten" vorliest, glaubt man, etwas zu ahnen.......
....bis man schließlich den letzten Satz gelesen hat und einfach nur beeindruckt ist.
Manche der Stories hätte vielleicht kürzer und geraffter erzählt werden können.
Doch ich glaube, dass ich dieses Buch gerne wieder lesen werde. So viel gibt es noch zu entdecken.
Schön auch die eingefügten historischen Abbildungen.











Dienstag, 16. Juli 2013

Magisch/mystische Aussichten


Gerade ist mir aufgefallen, dass die Monate August und September voll mit Neuerscheinungen sind, deren Titel fast schon spirituell klingen....ohne dies wirklich zu sein. Die Namen der Autoren sprechen dagegen. Und die Inhalte eigentlich auch. Eine kleine Vorschau:

Thomas Glavinic überrascht mit "Das größere Wunder" - ein großartiger Roman über die Besteigung des Mont Everest.

"Traumfänger" von Khaled Hosseini erzählt die Geschichte zweier Geschwister, deren gemeinsamer Weg in Afghanistan beginnt, durch das Schicksal getrennt aber in völlig verschiedene Richtungen geht. 

Über Selbstjustiz und deren Folgen erzählt Andreas Eschbach in "Schutzengel" - super spannend!!!

Leon de Winter hat in seinem Roman "Ein gutes Herz" die verrückte Idee, die Geschichte um den ermordeten Filmregisseur Theo van Gogh weiter zu führen. Hauptfiguren sind neben The van Gogh auch:
sein Mörder (der Marokkaner Boujeri), ein schwarzer Franziskanerpriester sowie ein Autor namens Leon de Winter.... Spannend, böse und so schräg.

Mein absoluter Geheimtipp wird sein "Das Erwachen der Senorita Prim" von der spanischen Autorin Natalia Sanmartin - eine wunderschöne Geschichte über die Lust am langsamen Genießen, am behutsamen Umgang miteinander und natürlich über Bücher und Liebe....

Wer auf hohem Niveau lachen will, wird sich freuen, dass Sven Regener einen neuen Roman geschrieben hat. "Magic Mystery". Karl Schmidt, bereits bekannt aus "Herr Lehmann", ist wieder da!!
Zur Einstimmung auf den Roman schaue ich mir jetzt erstmal den Film an......





Sonntag, 14. Juli 2013

Ratlos mit "Zügellos" von Dominique Manotti. Aus dem Französischen von Andrea Stephani

Ich hatte mich auf meinen ersten Krimi der französischen Autorin
Dominique Manotti gefreut.
Und außerdem gehofft, ihn in gewohntem Tempo durchzulesen. Man denkt, dass man die 286 Seiten rasend schnell schaffen könnte. Kann man nicht.

Manottis Text ist ungewohnt dicht, die Sätze atemberaubend kurz, manchmal nur aus wenigen Worten bestehend, womit wiederum ganze Szenen beschrieben werden. 
Ihr Stil - ohne jegliches Pathos - ist inspiriert durch den Krimiautor James Ellroy  und es verwundert nicht, dass ein Inspektor in ihrer Story die "Schwarze Dahlie" liest.

Insgesamt geht es um verdammt viele Themen: 
Pferdewetten, korrupte Politiker, Versicherungsbetrug, Immobilienhandel, Aktien, südamerikanische Mafia, Drogenexzesse, Transsexuelle, ..... und am Rande auch noch um Aids. Es sterben Pferde und Menschen.
Manotti vermischt in diesem actionreichen Thriller Fakten und Fiktionen und führt uns in den Sommer/Herbst 1989 - eine in jeder Hinsicht spannende Zeit. Vom Fall der Mauer bekommt man jedoch weniger mit, als vielleicht erhofft. 
So bleibt am Ende ein Mix aus Faszination (Manotti ist Historikerin und hat jede Menge Faktenwissen) und seltsamer Unberührtheit. 
Auf einer Skala von 1 bis 5 könnte ich hier maximal 3 Sterne vergeben.

Sonntag, 7. Juli 2013

Liebe, Leidenschaft und Bücher - Nina George, Das Lavendelzimmer

6.51 Uhr - Berlin am Morgen und ich habe diesen zauberhaften Roman ausgelesen. Er lässt einen verändert zurück! Glücklich auf jeden Fall. Aber auch nachdenklich. Was macht das Leben so besonders? Die Antworten, die George gibt, sind relativ einfach:
Liebe, gutes Essen, Freunde, Bücher -

Zugegeben, die ersten Seiten waren mir ein wenig "verquatscht" und ich fürchtete, ich müsse den Roman schnell wieder weglegen.
Obwohl - die Idee, einen Frachter in ein Bücherschiff umzubauen und es  "pharmacie littéraire" zu nennen, fand ich schon mal ziemlich verrückt.
Auf Seite 38 machte es dann plötzlich KLICK und ich begann, aufmerksamer zu lesen.
Jean Perdu, ein etwa 50-jähriger Buchhändler in Paris, vergleicht hier Romane mit einem guten Freund, einem wärmenden Handtuch, einer Ohrfeige oder schließlich mit rosafarbener Zuckerwatte - und das hatte meine ganze Aufmerksamkeit.
Mit seiner Beratung und schließlich dem Verkauf seiner Bücher, will er Gefühle und Regungen behandeln, für die sich kein Arzt oder Therapeut interessiert.
Trauer, Schwermut, Heimweh nach der Kindheit .... Er glaubt, dass es auf lange Sicht entscheidender ist, welches Buch man liest, als wen man heiratet.

Nun hat Perdu selbst aber schweren Liebesschmerz, den er seit 20 Jahren in seinem Herzen trägt.
Wie er diesen endlich los wird und seine Trauer um die geliebte Manon bearbeitet, das erfährt man in "Lavendelzimmer". Und begegnet dabei wundervollen Romanhelden, wie dem neapolitanischen Pizzabäcker Cuneo, dem jungen Starautor Max Jordan, den Katzen Kafka und Lindgren. Und Cathérine.





Samstag, 6. Juli 2013

Im New York der 50er Jahre mit Don Winslow, Manhattan. Aus dem Amerikanischen von Hans-Joachim Maass

Mit dem Satz "Walter Withers war bei der CIA nicht unglücklich, ihm fehlte einfach nur New York.", lässt Winslow seinen Thriller beginnen und schon sind wir mittendrin im Manhattan der 50er Jahre.
Zeit der Beatniks, Jazzclubs und großartigen Boulevard-Theater.
Immer wieder lässt Winslow den Charme dieser Zeit vor dem Leser lebendig werden, wenn eine Schallplatte von Thelonius Monk aufgelegt oder weiße Papierbögen mit Kohlepapier in Underwood-Schreibmaschinen eingelegt werden.

Walter also kehrt nach drei Jahren Schweden zurück in sein geliebtes Manhattan, wo er den Auftrag erhält, als Personenschützer den jungen Senator Joe Keneally und seine Frau Madeleine während ihres Aufenthaltes im weihnachtlichen New York zu beschützen.
Nur kurz währt die fröhliche Atmosphäre, bis in Walters Hotelzimmer die umwerfend gut aussehende und sehr blonde Schwedin Marta Marklund tot aufgefunden wird. Walter muss nicht nur seine Unschuld beweisen, er gerät in eine kriminelle Maschinerie, in welcher er entdeckt, dass auch seine Geliebte Anne nicht ganz unschuldig ist.

Turbulent, rasant erzählte Story. Schwarzhumorig, hard boiled. Ganz anders als die aktuellen Drogen/Mafia-Thriller von Winslow. Im Original bereits 1996 erschienen.

Donnerstag, 4. Juli 2013

Urlaub mit Fantasy: Kerstin Gier, Silber

Bin gerade zurück aus einem wundervollen Urlaub....mit im Koffer war dieser phantasievolle Jugendroman.
Für alle Mädchen (und für alle Frauen, die das Mädchen in sich bewahrt haben) ist die Geschichte über Liv Silber eine echt nette Lektüre!
Gewohnt frech im Erzählton (wie es echte Kerstin-Gier-Fans lieben) und spannend bis zum Schluss! Belebt wird der erzählte Text durch den Tittle-Tattle-Blog einer anonymen Mitschülerin von Liv, die scheinbar ALLES zu wissen scheint. Unter dem Namen Secrecy verbreitet sie jedes Geheimnis - nichts und niemand ist vor ihr sicher.

Gemeinsam mit Liv tauchen wir ein in die Welt der Träume und Geheimbünde. Und in die Welt der Liebe -
Liv und ihre Schwester Mia sind zum unzähligsten Mal umgezogen und deshalb neu an ihrer Schule, der britischen Frognal Academy.
Ihre Mum ist Literaturprofessorin und daher weltweit engagiert, was für die Mädchen bedeutet: keine festen Freundschaften, keine gewohnten Orte...immer unterwegs: "Wir hatten immer nur möbliert gewohnt und gelernt, unsere Zuneigung nicht an Gegenstände zu hängen, die größer waren als ein Buch. (Von meiner Gitarre und meinem Teddybären Mr Twinkle mal abgesehen.)

Eines nachts entdeckt Liv, dass sie in ihren sowie in den Träumen ihrer Mitschüler herum spazieren kann. Eine abenteuerliche - aber auch gefährliche - Welt!! Und nicht immer helfen hier ihre Fähigkeiten, die sie bei ihrem Kung-Fu-Lehrer Mr Wu gelernt hat.
Überhaupt ist Liv eine absolut symphatische Heldin: mutig, cool, klug (allerdings nicht immer so selbstsicher, wie sie vielleicht nach außen wirken möchte). In der Liebe ziemlich unerfahren und ein wenig schüchtern, geht sie schließlich sogar das Wagnis ein, sich zu verlieben.

Das Ende von "Silber" ist noch nicht das Ende der Story, man darf also auf die nachfolgenden Bücher gespannt sein. Und hoffentlich wird irgendwann auch das Geheimnis um Secrecy gelüftet.....

Mehr zum Buch und der Trilogie:


http://www.silber-trilogie.de/silbertrilogie/start



















Montag, 24. Juni 2013

Urlaub mit einem Klassiker: Pierre Bost, Ein Sonntag auf dem Lande. Aus dem Französischen von Rainer Moritz

Ein herrlich ironischer und sehr feinsinniger kleiner Roman aus dem wunderbaren Verlag Dörlemann. Ihn in diesem dunkelgrünen Leineneinband in den Händen zu halten, ist bereits ein Hochgenuss.
Im französischen Original hat Bost den Roman 1945 geschrieben, Rainer Moritz hat ihn für uns heutige Leser neu übersetzt.

Wir lernen Monsieur Ladmiral kennen, dessen Tage von einer ermüdenden Gleichförmigkeit gezeichnet sind.
Auch macht ihm das Alter mehr und mehr zu schaffen. Oft genug klagt er darüber "in provozierendem Ton, der nach Widerspruch zu verlangen schien". Antwortet sein Gegenüber dann höflich, "wie man es zu tun pflegt", dass er doch putzmunter wirke, sich das nur einrede, dann ärgert sich Monsieur Ladmiral und führt sogleich Beweise ins Feld über seine Gebrechlichkeit e.t.c. Weil er normale Konversation hasst, sich aber in Streitgesprächen endlos ergehen kann.

Regelmäßig an den Wochenenden nun bekommt Monsieur Ladmiral Besuch von seinem Sohn und dessen Familie. Es geht recht turbulent zu, doch man gewinnt mehr und mehr den Eindruck, dass dies den armen Monsieur Ladmiral übermäßig strapaziert.
Bis plötzlich und sehr überraschend ein ganz seltener Gast auftaucht: die wilde übermütige Tochter Irène.
Die Familie steht Irènes Temperament hilflos gegenüber.
Nicht so die zwei Neffen (die ihre rauchende Tante endlos anhimmeln) sowie Monsieur Ladmiral, der seine Tochter abgöttisch liebt....

Urlaub mit Liebe und Verrat: Joyce Maynard, Der Duft des Sommers. Aus dem Amerikanischen von Sibylle Schmidt

Irgendwo in den USA, in einer ganz normalen Vorstadtsiedlung, lebt der 13-jährige Henry mit seiner Mommy und dem Hamster Joe.
An einem superheißen Tag, es ist Laborday, treffen Adele und Henry auf einen geheimnisvollen Mann, der die beiden bittet, ihn in ihrem Auto mitzunehmen. Er ist verletzt.
Und - er ist ein entflohener Sträfling. Als Henry und Adele das erfahren, ist es bereits zu spät, denn alle drei mögen sich irgendwie. Und Frank sieht weit weniger gefährlich aus, als dies in den Medien verbreitet wird.
Außerdem kann er den besten Peach Pie backen!

Doch das entspannte Zusammenleben droht zu kippen, als die Polizei 10.000 $ für Hinweise zu Franks Aufenthalt bietet.
Der Roman gewinnt so sehr an Spannung, dass man ihn eigentlich nicht mehr aus der Hand legen kann.
Das liegt aber auch daran, dass Joyce Maynard einfach wundervoll und sehr atmosphärisch erzählt.
Die Figuren wachsen einem sehr schnell ans Herz und bleiben für lange Zeit unvergessen.

Samstag, 22. Juni 2013

Urlaub mit Spannung und Abenteuer: Derek B. Miller, Ein seltsamer Ort zum Sterben. Aus dem Norwegischen von Olaf Roth

Sheldon Horowitz ist 82 Jahre alt.
In seinem Auftreten, seiner Art zu Reden und zu Denken hat er Ähnlichkeit mit Clint Eastwood als Koreakriegsveteran Walt Kowalski in "Gran Torino". Gleichzeitig erinnert Sheldon auch irgendwie an einen britischen Earl.

Sheldon verlässt nach langem Zögern die USA, um den Rest seines Lebens bei seiner Enkelin Rhea in Oslo zu verbringen. Seine Frau Siri ist tot, der alte Mann verbittert und einsam.
Vieles in seinem Leben, was er bereut.

Dort in Oslo gerät er ziemlich schnell in einen Strudel von Ereignissen, welche sein Leben drastisch verändern werden.
Eine Frau und ihr etwa siebenjähriger Sohn aus dem Balkan suchen Schutz vor einem brutalen Verfolger in seiner Wohnung. Das Drama nimmt sein Lauf, denn Sheldon gelingt es lediglich, den kleinen Jungen zu retten.
Beide verlassen die Stadt, den Oslofjord hinauf. Ein seltsames Paar, diese Zwei - aber absolut liebenswert.

Ein hochspannender, zeitkritischer Roman voller Weisheit und lakonischem Witz.

Ganz großartig auch als Hörbuch vom Verlag Random House mit dem Sprecher Peter Matic!!!!

Donnerstag, 20. Juni 2013

Sommer - Sonne - Meer und.......Lesen!!!

Zum Wochenende gibt es Tipps für die Ferien. Sicher fragt Ihr Euch...welches Buch nehme ich mit??? Was wollte ich schon immer lesen oder was sollte ich unbedingt lesen??? Darüber habe ich mir ein paar Gedanken gemacht.
Demnächst deshalb:

Welches Buch passt noch in meinen Koffer?

Freitag, 14. Juni 2013

Eugen Ruge, Cabo de Gata


 
Ich stelle mir vor, ich habe "In Zeiten des abnehmenden Lichts" nicht gelesen, beginne also ohne jegliche Erwartung mit der Novelle "Capo de Gata".
Was ich dann entdecke, ist eine melancholisch erzählte kleine Geschichte über das, was passiert, wenn wir uns vom Zufall treiben lassen.

Ein etwa 40-jähriger Mann lässt alles hinter sich, um Berlin für einige Monate zu verlassen. Inspiriert von Bunuels Filmtitel "Der andalusische Hund" reist er mit dem Zug nach Cabo de Gata - laut Reiseführer ein romantischer Ort, der südlichste unter der Sonne Andalusiens.
Nun findet er nicht das, was er gesucht hat, bleibt aber dennoch viele Monate dort, macht Erfahrungen ganz anderer Art, wie die Schönheit einsamer Strandspaziergänge. Oder (und das ist das einfühlsamste Kapitel), wie wundervoll es sein kann, sich zaghaft das Vertrauen einer wilden Katze zu erwerben. Und sie dann auch wieder ziehen zu lassen! Genauso, wie seine Idee, den großen Roman zu schreiben. Plötzlich ist der Roman nicht mehr wichtig.

Ein stilles, in der Sprache sehr verknapptes und doch ganz reiches Buch über das Leben, über Fernweh und über Loslassen. Eugen Ruge erzählt, wie es war - damals.

Dienstag, 11. Juni 2013

Eugen Ruge, Cabo de Gata

Große Freude!!!
Von Eugen Ruge, der für seinen Roman "In Zeiten des abnehmenden Lichts"  den Deutschen Buchpreis 2011 gewonnen hat, gibt es jetzt neuen Lesestoff.
Eine Novelle, die er zwischen November 2011 und August 2012 geschrieben hat.

Cabo de Gata - ein Ort mit einem geheimnisvollen Namen - liegt in Andalusien.
Werde schnellstmöglich lesen. Bin super gespannt......

"Gold" - großartiger Roman über Freundschaft und Radfahren

Dieser Roman lohnt sich ganz besonders als Hörbuch, gelesen von Britta Steffenhagen. Sehr einfühlsam und gleichzeitig mit viel Spannung wird die Geschichte zweier Freundinnen in London erzählt, die leidenschaftlich gern Radrennen fahren.
Ein entscheidender Zweikampf im Velodrom ist so atemberaubend spannend erzählt, dass ich hier mal eine kleine Leseprobe geben möchte:

"Der schrille Laut schoß durch ihre Wirbelsäule. Die Pfeife setzte das Leben frei. Sie trat in die Pedale, noch bevor ihr Gehirn den Schuss gehört hatte...Inzwischen schlug ihr Herz 140 mal in der Minute, und ihre Verdauung war abgeschaltet, um Energie zu sparen. Zorn verwandelte sich in Muskelbrennen..."

Doch ist dies kein Roman nur über Radrennen, denn es geht auch viel um die Freundschaft von Zoe und Kate sowie um Familie. Denn Kate ist nicht nur verheiratet, sie hat eine kleine Tochter, Sophie. Und Sophie ist krank. Im Gegensatz zu Kate ist Zoe die coole Singlefrau, manchmal verletzend in ihrer Art, immer auch sehr hart mit sich selbst. Einem "Marathon des Elternlebens und der Pflege eines kranken Kindes" wäre sie allerdings nicht gewachsen.
Diese Wechsel zwischen den Kämpfen im Velodrom und liebevollen Familienszenen hat Cleave wirklich großartig inszeniert. Für mich sein bester Roman.
Für alle, die wirklich gut erzählte Geschichten über Liebe, Freundschaft und  - ja, eben auch Radrennen mögen.

Samstag, 8. Juni 2013

Kein Sommer ohne Elin Hilderbrand

Endlich erscheint am 11.06.2013 im Berlin Verlag
die Taschenbuchausgabe von "Inselglück" (im Original "Silver girl"). Ein Roman, der einen packt und nicht mehr loslässt!

Meredith hat bisher ein glitzerndes und unbeschwertes Leben an der Seite eines berühmten Fondanlegers geführt. Als er wegen millionenfachen Anlagenbetruges verhaftet wird und lebenslänglich bekommt, verliert sie von einer Minute zur anderen alles. Fast alles - denn da ist ihre Freundin Connie aus alten Zeiten, welche sie in einer spektakulären Rettungsaktion aus ihrer Wohnung in der Fifth Avenue heraus holt.
Was umso besonderer ist, da beide Freundinnen seit drei Jahren kein Wort mehr miteinander geredet hatten.
Nun fahren sie nach Nantucket, Massachusetts, wo Connie in einem von Einsamkeit umhüllten Haus mit Blick aufs Meer lebt.

Es wird dies ein Sommer voller Erinnerungen, Vergebung und auch Neubeginn.
Die endgültige Versöhnung beider Freundinnen findet beim Kochen statt (ein schönes Bild).
Ganz spannend ist die Entwicklung, welche Meredith in diesen Wochen auf Nantucket durchlebt, wie sie zu ihrer ursprünglichen Power zurück findet und ihr altes Leben hinter sich lässt.
Jeder kann in diesem Roman etwas finden, was berührt oder packt.
Wer - genau wie Meredith - Mut und Lust hat, etwas Altes hinter sich zu lassen, dem kann man "Inselglück" einfach sehr ans Herz legen.

Freitag, 7. Juni 2013

True story: "Julie & Julia"

                                             
Nichts geht über eine gute Buchverfilmung, besonders wenn diese auf einer "true story" basiert, wie in "Julie & Julia"
(Drehbuch und Regie Nora Ephron).
Und wenn man den ganzen Tag gelesen hat, darf es am Abend auch mal eine DVD sein....

Über die Liebe, das Schreiben, das Kochen und noch ein paar Dinge mehr erzählt diese bezaubernde Story. Beide Frauen haben unglaublich charmante, witzige und sehr großzügige Männer an ihrer Seite, mit deren Unterstützung Julia und Julie kochen und schreiben. Und sich dabei ganz wunderbar verändern.
Ich liebe diesen Film, allein für solche Sequenzen:
Julia hämmert ihre berühmten französischen Kochrezepte in die Schreibmaschine.
Julie tippt ihre neuesten Infos für ihren Blog in ihr Laptop - so zeigen großartige Filmschnitte immer im Wechsel Meryl Streep als Julia Child in den 50/60er Jahren und Amy Adams als Julie Powell in den Jahren 2002/2003.

Donnerstag, 6. Juni 2013

"Kornblumenblau" von Schünemann und Volic

Großartiger Krimi mit politischem Hintergrund.
Im heutigen Belgrad werden zwei serbische Soldaten getötet, was zuerst nach Doppelselbstmord aussieht.
Doch entdeckt die Ermittlerin Milena, dass es nur Mord gewesen sein kann. Sie beginnt, zu recherchieren, Leute zu befragen.
Ein weiterer Mord geschieht, Milena selbst gerät in  höchste Gefahr.
Für alle, die Krimis mit psychologischer Tiefe und ein bißchen Flair (in diesem Falle: Belgrad) mögen, ist dies ein unbedingter Lesetipp.
Mehr Infos auf der Website vom Diogenes Verlag

http://www.diogenes-verlag.de/leser/autoren/a-z/s/schuenemann__volic/buecher

Gerade wieder gelesen: Anthony McCarten, Der Englische Harem


Der Roman spielt in London
und erzählt die Geschichte des Mädchens Tracy,
das nicht nur den persischen Restaurantbesitzer Sam,
sondern mit ihm auch seine ziemlich exotische Familie kennen und lieben lernt.

Es ist schön, zu erleben, wie Tracy sich verändert, weiblicher wird und selbstbewusster.

Ein großartiger Roman über Toleranz, Großzügigkeit und eher unkonventionelle Lebensweisen.